Kölner Verkehrswende jetzt!
Liebe Kölnerinnen und Kölner,
die Stadt Köln steht vor einer dramatischen Weichenstellung in der Verkehrspolitik. Deshalb wenden wir uns heute an Sie. Wir sind eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die sich an verschiedenen Stellen in Fragen der Stadtpolitik und des Umwelt- und Klimaschutzes in der Kölner Zivilgesellschaft engagieren. Mit diesem Aufruf wollen wir auf die aktuelle Chance, aber auch auf die Notwendigkeit einer wirklichen Verkehrswende in Köln hinweisen, für die jetzt eine neue Verkehrspolitik gebraucht wird.
Die Stadt erstickt im Autoverkehr, die Unfallzahlen steigen, der Ausbau für den wachsenden Radverkehr kommt kaum voran, die Engpässe und Schwachstellen bei der KVB werden größer statt kleiner. Die Stadt hat jahrelang nichts gegen die gesundheitsgefährdende Belastung durch Feinstaub und Stickoxide getan, nun ist sie mit erfolgreichen Klagen konfrontiert. Und das ist nicht alles: Im Pariser Klimaabkommen hat sich die Bundesrepublik bindend verpflichtet, den CO2-Austoß drastisch zu reduzieren.
Doch die Stadt hat keine Vision und keinen Plan. Statt sich den Herausforderungen zu stellen, läuft Köln Gefahr, Personal und Geld in ein weiteres riesiges Tunnelprojekt (Ost-West-Achse) zu stecken. Der Tunnel würde ein Vielfaches einer oberirdischen Lösung kosten und trotzdem nicht mehr leisten. Die Verkehrswende in Köln würde um weitere 20 Jahre vertagt, denn bis dahin wäre dann ein Großteil der städtischen Ressourcen gebunden.
Doch es gibt Alternativen, die in vielen Städten schon Wirklichkeit geworden sind. Auch die Kölner Bürgerinnen und Bürger sind längst weiter: Viele sind auf das Fahrrad als Verkehrsmittel umgestiegen und ihr Anteil könnte noch viel mehr steigen, wenn Köln fahrradfreundlicher würde. Einige sind bereit, vom Auto auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) umzusteigen, wenn die Verbindungen besser und die Tickets preiswerter wären. Und: Viele lieben ihre Stadt und leiden unter dem lieblosen bis hässlichen Zustand vieler öffentlicher Räume.
In diesem Aufruf benennen wir zentrale Punkte für eine Verkehrswende in Köln. Zusammen ergeben sie die Vision einer menschenfreundlichen, umweltschonenden und sozial gerechten Mobilität – und damit für eine bessere Aufenthaltsqualität in der Stadt.
Wir möchten, dass Politik und Verwaltung die folgenden Kernforderungen aufnehmen und jetzt endlich umsetzen. Die Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl des neuen Kölner Stadtrates im September 2020 fordern wir auf: Bitte nehmen Sie Stellung zu den Forderungen in diesem Aufruf! Sagen Sie uns konkret, was Sie vor und nach der Kommunalwahl 2020 für eine Verkehrswende in Köln tun werden.
1. Signalprojekt: eine Promenade zwischen Heumarkt und Aachener Weiher – statt U-Bahn-Langzeitbaustelle
Die oberirdische Neugestaltung der gesamten Ost-West-Achse nach Maßstäben stadt- und klimaverträglicher Neugestaltung soll die Ernsthaftigkeit der Kölner Verkehrswende signalisieren, insbesondere durch folgende Maßnahmen:
· Der gesamte Straßenzug wird als durchgehende Promenade zwischen Heumarkt und Aachener Weiher mit stark erweiterten Flächen für Fuß- und Radwege, Begrünung und mit Stadtplätzen gestaltet.
· Die Nord-, Ost- und Westseite des Neumarkts werden vom KFZ-Verkehr freigestellt und die freiwerdenden Flächen kurzfristig neu gestaltet.
· Die Straßenbahnhaltestelle auf der Südseite des Neumarkts wird an die notwendigen Kapazitätsansprüche angepasst.
· Kurzfristig erfolgt für die Ost-West-Promenade die Vorbereitung und Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbs oder eines ähnlichen Verfahrens (Werkstatt) mit internationaler Beteiligung.
· Entsprechend dem Wettbewerbsergebnis sollte die Aachener Straße zum verkehrsberuhigten Geschäftsbereich und die Richard-Wagner-Straße wohn- und umweltverträglich umgebaut werden.
· Es muss bessere Verbindungen statt Zertrennungen bei der Durchquerung des Inneren Grüngürtels geben und auch bei wichtigen Querungen für den Fuß- und Radverkehr im Zuge der Promenade durch die City.
· Für den innerstädtischen Radverkehr müssen ergänzende Fahrradstraßen zur zügigen Querung der Kernzone und der Promenade geschaffen werden.
2. „Autofreie Bereiche“ in der Innenstadt und im Veedel
Köln braucht bessere Lebensräume und mehr umweltverträgliche Mobilität; dazu muss Klima- und Verkehrspolitik integrativ betrachtet werden. Dabei geht es insbesondere um:
· Eine weitgehende Reduzierung des Autoverkehrs in den Kernbereichen der Innenstadt und der Veedel mit hoher Aufenthaltsqualität und hohem Fußverkehrsaufkommen.
· Den Rückbau von Autofahrspuren und eine weitgehende Reduzierung des Durchgangsverkehrs (analog des Ratsbeschlusses zur Ost-West-Verbindung und unseren Vorschlägen zur Ost-West-Promenade).
· Tempo 30 auf allen Straßen (bis auf wenige Durchgangsstraßen) und eine Entrümpelung des Verkehrsschilderwaldes.
· Rückbau der Parkplatzflächen und wertgerechte Bepreisung des Parkplatzangebotes überall dort, wo der öffentliche Raum dem Fuß- und Radverkehr sowie dem Aufenthalt gewidmet sein soll, also insbesondere in den Veedelszentren und in der Innenstadt im Umkreis der Parkhäuser. Das Anwohnerparken in den Wohnbereichen bleibt erhalten, wird aber ebenfalls angemessen bepreist.
· Die Gestaltung von Plätzen und öffentlichen Räumen entsprechend den Anforderungen der Klima- und Umweltpolitik an Großstadträume. Die Ringe sollen der Kölner Boulevard für das 21. Jahrhundert werden – das forderte der Masterplan. Das fordern auch wir. Damit nicht nur geredet und probiert wird, soll in den nächsten fünf Jahren endlich der Masterplan für die Ringe umgesetzt werden. Vordringlich sind der Umbau von Barbarossaplatz, Zülpicher Platz sowie die Umgestaltung des Ebertplatzes von der Kuhle zum Zentrum von Eigelstein und Agnesviertel. Planung, Beteiligung und Baubeginn müssen in den nächsten fünf Jahren erfolgen.
3. Fußgängerfreundliche Stadt Köln
Die Füße sind unser natürlichstes Verkehrsmittel – so vertraut und selbstverständlich, dass wir zu wenig darauf achten, unter welchen Bedingungen wir uns bewegen. Dabei ist Gehen gesund für uns und für alle anderen, wenn wir dafür sorgen, dass es keine schweren, gar tödlichen Verkehrsunfälle mehr gibt (Vision Zero).
Wir fordern faire Anteile der Straßenflächen für den Fußverkehr. Besonders im Zentrum der Stadtviertel und an Orten und Gebäuden mit viel Publikum sind die Gehwege im Verhältnis zur Zahl der Fußgänger häufig viel zu schmal. Deshalb muss bei allen Neu- und Umplanungen eine Mindestbreite für alle Gehwege von 2,50 Meter vorgesehen werden. In Zentren und an besonderen Einrichtungen wie Schulen wird deutlich mehr benötigt.
Wir fordern auch faire Zeitverteilung an Ampeln. Die „Grünanteile“ für Fußgänger*innen sind häufig im Verhältnis zu ihrer Anzahl deutlich größer zu bemessen. Besonders in Veedelszentren sollen die Straßen und Plätze so umgestaltet werden, dass Fußgänger überall sicher queren können (u.a. durch den Abbau von Ampeln und die Anlage von Zebrastreifen).
Die Straßengestaltung wird umso menschenfreundlicher, je mehr bei der Planung die Perspektive Schwächerer und Verletzlicherer (z.B. die der Kinder) eingenommen wird. Rund um Schulen sollen Pilotprojekte mit temporären Fahrverboten durchgeführt werden.
Damit die Verwaltung schließlich darüber Klarheit gewinnt, wie groß die Anteile des Fußverkehrs sind, sollen regelmäßige Zählungen des Fußverkehrs stattfinden, Das Verkehrsmittel „Fuß“ muss ins Verkehrsmodell einbezogen und ein Monitoring über die fußgängerfreundliche Wirkung von Maßnahmen eingeführt werden.
Thematische Wege zur Stadt- und Kulturgeschichte (Ergänzung der Via Sacra – alle romanischen Kirchen -, Via Romana – entlang der römischen Spuren – Kölscher Brauerei-Rundweg) und im Grünen (z.B. entlang des Strunder Bachs oder des Flehbachs) sollen barrierefrei und mit Qualitätsstandards (Wegweisung, Grün/Bäume, Wasser, Bänke) weiter entwickelt werden.
4. Fahrradfreundliche Stadt Köln
Wie die Fußgänger*innen sind auch die Radfahrenden besonders von schweren Unfällen betroffen. Deshalb ist es lebenswichtig, dass der Verkehr so geregelt und gestaltet wird, dass es keine tödlichen und schweren Unfälle mehr gibt (Vision Zero).
Köln braucht ein durchgehendes Netz von Radfahrinfrastrukturen im ganzen Stadtgebiet, ergänzt um Pendler- und Freizeitstrecken ins Umland. Hier soll zügiges und sicheres Fahrradfahren möglich sein, für Radfahrende aller Altersgruppen.
Für den Ausbau ist ein verbindlicher Zeitplan erforderlich und die Umsetzung sollte zusammenhängend, konsequent und nicht als Flickwerk erfolgen. Die Investitionen in den Radverkehr müssen um ein Vielfaches gesteigert werden.
In Köln können Radwege oft nur in Form von Radstreifen/-schutzstreifen auf der Fahrbahn neu angelegt werden. Autoparkplätze müssen dort aus Gründen der Verkehrssicherheit ihren Platz räumen. Dort, wo der Radverkehr auf der Fahrbahn gemeinsam mit dem Autoverkehr stattfindet, müssen die Ampeln auf die Geschwindigkeit der Radfahrenden eingestellt werden – im Idealfall als Grüne Welle. Tempo 30 ist dort immer die maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit.
Der zunehmende Radverkehr braucht mehr Platz, auch in Form von mehr Abstellflächen. Der Rückstand bei der Deckung des Bedarfs muss durch ein konzertiertes Programm in den kommenden 5 Jahren aufgeholt werden.
Das wilde Parken auf Radwegen, Radstreifen, Schutzstreifen und auch auf Gehwegen gefährdet die Sicherheit von Radfahrenden und Fußgänger*innen. Stadtverwaltung und Polizei müssen ihre Anstrengungen bei der Ahndung des Falschparkens vervielfachen.
Auch bei Baustellen und Märkten muss der Radverkehr mehr beachtet werden: Wichtige Radverkehrsverbindungen dürfen nicht unterbrochen werden, auch nicht temporär. Der Radverkehr hat ein Recht auf sichere und gut befahrbare Umleitungen.
Bei der Neuplanung von Gebieten und der Stadterneuerung sind Fuß- und Radwegenetze (auch als selbständige Routen) direkt mit zu planen.
5. Den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausbauen und besser vernetzen
Wichtig sind massive Investitionen in den ÖPNV. Eine aktuelle Kölner ÖV-Schienennetz-Ausbauplanung unter Verzicht auf Großbauprojekte soll noch 2020 erstellt werden.
Alle größeren Siedlungsbereiche in Köln sollen bis 2030 an das Schienennetz von KVB und S-Bahn angeschlossen werden, ebenso wird das Umland besser angebunden. Die Verlängerung der KVB-Strecken nach Norden (Flittard, Schlehbusch und Esch/Auweiler/Pesch), nach Süden (Langel), nach Osten (Moitzfeld) und nach Westen (Widdersdorf und Rondorf/Meschenich) ist dringend.
Um die unzureichende Kapazität der KVB insbesondere auf der Ost/West-Achse zwischen Deutz und Gürtel zu beheben, muss man sich von der alleinigen Betrachtung dieses Korridors und ihn betreffenden baulichen Maßnahmen lösen und stattdessen das gesamte Netz, seine Flexibilität und Umsteigequalität betrachten. Defizite müssen durch den Übergang von einer sternförmigen zu einer netzförmigen Linienführung behoben werden.
Kapazitätserweiterungen sind insbesondere dringend nötig durch:
• Ertüchtigung der OW-Achse durch Verbesserung der Kapazität und des Betriebsablaufs der KVB sowie Entlastung dieser Strecke durch Netzergänzungen auf anderen Strecken
• Inbetriebnahme des Nord-Süd-Tunnels mit der Verknüpfung zur OW-Promenade am Heumarkt
• rechtsrheinischer Ausbau der Nord-/Süd-Verbindungen durch
– Expressbus Frankfurter Straße auf separater Spur
– Stadtbahn Poll-Deutz-Mülheim
• Lückenschluss vom Ubierring über den Rhein zur Siegburger Straße
• Verlängerung der Gürtelstrecke bis zur Verknüpfung mit den Bahnstrecken nach Bonn und Euskirchen und der Stadtbahn nach Rodenkirchen
• Oberirdische Verknüpfung vom Barbarossaplatz zur Severinsbrücke Richtung Deutz
Viel mehr Pendler*innen sollen mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad besser in die Stadt kommen können. Die ÖPNV-Anschlüsse für Pendler*innen aus den Umlandgemeinden müssen dringend verbessert werden. Park-and-Ride-Angebote, die auch Leihräder, Mietwagen und Fahrrad-Abstellmöglichkeiten bieten, und eine deutlich bessere ÖPNV-Leittechnik müssen – auch in Abstimmung mit den Nachbargemeinden – geplant, in den ÖPNV-Bedarfsplan und die Förderprogramme von Land und Bund eingebracht und realisiert werden.
Auf dem Weg zur Realisierung können Pförtnerampeln und separate Spuren für Busse, Fahrräder, Mietwagen notwendige Behelfsmaßnahmen sein.
Die KVB muss kundenfreundlicher werden. Infrastruktur und Barrierefreiheit sind stark verbesserungsbedürftig; dies betrifft Aufzüge, Rolltreppen, Bahnsteighöhen und Informationsdienste.
6. Die Fahrpreise im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) senken und vereinfachen
Die Fahrpreise der KVB sind zu hoch und das Tarifsystem ist zu kompliziert. Ergänzend zum Ausbau der Kapazität müssen die Fahrpreise reduziert und das Tarifsystem vereinfacht werden. Wir fordern deshalb verbilligte Tickets, etwa wie praktiziert in Wien: ein 365 Euro-Jahresticket, mit Sozialtarif für 18 Euro im Monat. Das günstige Ticket muss für alle Bestandskunden und Einpendler*innen zu erwerben sein. Dafür ist die Einführung im VRS-Gebiet notwendig; Stadt und KVB sollen sich dafür einsetzen.
Mögliche Finanzierungsinstrumente:
• Beantragen von Bundesmitteln, nach dem Beispiel anderer deutscher Großstädte
• Erheben einer Nahverkehrsabgabe von örtlichen Betrieben und dem Handel, wie in Frankreich verbreitet. Stadt und KVB sollen aktiv in die laufende Debatte eingreifen, dass Kommunen das Recht erhalten, eine solche Abgabe zu erheben, wie z.B. vom Deutschen Städtetag gefordert.
7. Den Rhein als Frei- und Verkehrsraum nutzen
Der Rhein soll als wichtiger Naturraum geschützt und als Verkehrsraum besser genutzt werden. Zusätzliche Umweltbrücken für Straßenbahn, Fahrrad- und Fußverkehr über den Rhein stärken die Netzstruktur des ÖPNV, entlasten die Ost-West-Achse und erweitern den Aktionsradius von Radfahrer*innen und Fußgänger*innen. Als vielversprechende Orte für Umweltbrücken bieten sich Niehl, die Bastei, der Ubierring, Poll und Sürth an.
Das seit langem erwogene Projekt einer Wasserbuslinie zwischen Zündorf und Niehl und die neueren Überlegungen zu einem integrierten Seilbahnprojekt können nach positivem Ausgang eine gute Möglichkeit sein, den Rheinraum in umweltschonender Weise zur Verstärkung des ÖPNV-Netzes zu nutzen. Es sollte möglich sein, schon 2020 den Ratsbeschluss zur Prüfung der „Rheinpendel-Seilbahn“ umzusetzen, ggfs. mit einer Weiterentwicklung zu einem „Rheinpendel-Express-Netz“.
8. Ein umweltfreundliches Güterverkehrskonzept für Köln
Die Stadt Köln soll ihre Einflussmöglichkeiten nutzen, um angesichts von ausuferndem Onlinehandel und zunehmenden LKW-Längen den Lieferverkehr insgesamt verträglicher für alle zu gestalten und den öffentlichen Raum effizienter zu nutzen. Das bedeutet kurzfristig zahlreichere Ladezonen, bewirtschaftet und online reservierbar. Eine umweltfreundlichere Stadtlogistik soll durch die Privilegierung emissionsfreier Fahrzeuge bei den Andienungszeiten und städtische Unterstützung für E-Lastenräder erreicht werden. Eine Entlastung der Straßenräume muss durch den Aufbau eines Netzes stadtteilbezogener An- und Auslieferungszentren erreicht werden, von denen die Güter kleinräumig mit emissionsfreien Kleinfahrzeugen zu verteilen sind.
Ein neues Güterverkehrskonzept beschreibt mittelfristig dezentrale Logistikstrukturen für kürzere Wege zwischen den Verteilknoten in der Region (auch im Stadtbahnnetz über KVB/HGK). Um sich längerfristige Optionen nicht zu verbauen, ist hierfür gezielte Flächenvorratspolitik am Schienennetz und in zentralen Lagen nötig. Als Gesellschafter des Flughafens hat Köln auch eine besondere Klimaschutzverantwortung, den klimaschädlichen Frachtflugverkehr in einem verantwortbaren Rahmen zu halten und sich für ein überregionales Güterschienennetz einzusetzen.
9. Köln muss sich schneller und konsequenter auf den Klimawandel einstellen!
Die lokalen, nationalen und globalen Herausforderungen der Klimaveränderungen erfordern gerade von der Großstadt, dass sie wesentliche Beiträge zur Reduzierung der Luft-, Lärm-, Wasser- und Bodenbelastungen leistet, und zwar schnell und wirksam. Vor allem durch:
· Konsequente Freihaltung der Frischluftschneisen stadtweit (ohne Ausnahmen für Prestigeprojekte) und als Sonderprojekt das Pflanzen von 1000 „Klimabäumen“ in der Innenstadt
· Keine Umgestaltungen öffentlicher Räume mehr ohne schattenspendende Bäume und Wasser, vor allem in der Innenstadt und anderen hochverdichteten Bereichen
· Vorrang für Gehen und Verweilen, Kinderwagen und Rollatoren in den Zentren und im städtischen Wohnumfeld
· Ein Bodenentsiegelungsprogramm für Köln, mit Anreizen zum Entsiegeln auch privater Flächen, um Temperatur, Abfluss und Grundwasser positiv zu beeinflussen
· Ein städtisches Anreizprogramm zum Autoverzicht von Kölnern und Einpendlern, z.B. durch Rabatte bei den städt. Gebühren/Abgaben, etwa beim Bewohnerparken und bei umweltrelevanten Diensten (Wasser, Abfall, Straßenreinigung, Anliegerbeiträge)
· Beschränkung der Blechflut (ruhender Verkehr) im Stadtraum
· Verkehrsflächen entsiegeln und begrünen, gefördert durch ein finanzielles Anreizprogramm der Stadt
· Verkehrsbeschränkungen in Umweltzonen zur Verringerung der Feinstaub- und Abgasbelastungen und Kontrollen zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte
· „Mobilität ist nicht allein eine infrastrukturelle Aufgabe. Hier entscheidet sich, wie umweltverträglich wir uns bewegen, und über welche Lebensqualität Städte verfügen.“ (Aus: Das Haus der Erde. Positionen für eine klimagerechte Architektur in Stadt und Land. Beschluss des Bundes Deutscher Architekten BDA im Mai 2019).
10. Handeln mit Entschlusskraft, Mut und Konsequenz
Die Stadt Köln braucht ein aktualisiertes und verbindliches Verkehrsentwicklungskonzept. Darin soll sich die Stadt mit konkreten Werten auf ambitionierte Zielzahlen (einschließlich Ein- und Auspendler*innen) bis zum Jahr 2030 festlegen. Als Ziele für 2030 schlagen wir vor: höhere Anteile für den ÖPNV (25%), Fußverkehr (25%) und Radverkehr (30 %) für den Autoverkehr höchstens 20%. Dazu bedarf es eines konkreten Maßnahmenkatalogs mit verbindlichen Zielen, zeitlichen Vorgaben und regelmäßigen Überprüfungen, auch durch den Einsatz digitaler Technologien. Fuß- und Radverkehr müssen integrierter Bestandteil des Verkehrsmodells werden. Ebenso fordern wir mehr Mut zu Pilotversuchen inklusive begleitender Evaluation.
Die Handlungsfähigkeit der Stadt ist durch Sparhaushalte der letzten 20 Jahre deutlich beeinträchtigt. Die Kapazitäten für Verkehrsplanung und Stadtentwicklung müssen schnell wieder ausgebaut werden. Planung und Gestaltung der Verkehrsflächen und der angrenzenden öffentlichen Stadtflächen müssen als wichtige Aufgabe von Stadtgestaltung und Klimaschutz einen neuen Stellenwert erhalten, auch natürlich unter Beteiligung der Verkehrstechnik, der Verkehrsbetriebe und der klima- und umweltschutzrelevanten Dienststellen. Dieser Teil der Verwaltungsreform ist vorzuziehen.
Die städtischen Mitarbeiter*innen sollten systematisch von Fortbildungen in Fragen nachhaltiger Verkehrs- und Klimapolitik und – zusammen mit Ratsmitgliedern – von Best Practice Beispielen aus Europa profitieren. Die Stadt sollte aktives Mitglied im EU Programm CIVITAS werden. Die Kooperation mit Hochschulen, Verbänden und Bürger*innen kann noch erheblich verbessert werden.
Köln, 11.12.2019
Erstunterzeichner*innen:
Frank Abschlag, Hans-Peter Arenz, Angela Bankert, Rolf Beierling-Hémonet, Ulrike Berger, Dr. Ralf Brand, Dr. Jörg Forßmann, Eckard Grevener, Gertrude Helm, Ralph Herbertz, Christian Hölzel, Barbara Kleine, Dr. Utz Ingo Küpper, Walter Liesenfeld, Markus Meurer, Albert Meinhardt, Wolfgang Rothe, Erwin Rothgang, Artur Rumpel, Fiete Saß, Maria Schu, Roland Schüler, Gunda Wienke[AG18]