Übergabe der Petition „Ett weed Zick – mer sin su wigg – Kölner Verkehrswende jetzt!“ an Oberbürgermeisterin Reker
Freundlich empfing Oberbürgermeisterin Henriette Reker am 25.05.21 Annetraut Grose und Fiete Saß von der Aktionsgemeinschaft Kölner Verkehrswende im Rathaus und nahm die 9.217 Unterschriften unter die Petition „Ett weed Zick, mer sin su wigg – Kölner Verkehrswende jetzt!“ entgegen. Die Petition wird auch von 20 großen und kleinen Organisationen in Köln unterstützt.
Die beiden Aktiven verwiesen auf die wachsende Ungeduld der Bürger*innen und Bürger in Köln mit dem schleppenden Einstieg in die Verkehrswende. Dies bringt die Petition unmissverständlich zum Ausdruck:
- „Wir wollen eine KVB, die pünktlich, zuverlässig, barrierefrei und preiswertist, und die auch die Außenbezirkean das Kölner Schienennetz anschließt.
• Wir wollen sichere Radwege und Fahrradstraßen, die sich vernetzt durch die ganze Stadt ziehen.
• Wir wollen autofreie Bereiche in der Innenstadt und in den Veedeln.
• Wir wollen bis 2030 eine klimagerechte Mobilität in der Stadt.“
Es geht um die Lebensqualität in der Stadt und eine klimagerechte Verkehrspolitik.
Frau Reker begrüßte „das Engagement der vielen Initiativen und Verbände mit der Aktionsgemeinschaft Verkehrswende“. In ihrem Statement konnte sie sich inzwischen für die Ost-West-Achse sowohl eine ober- wie unterirdische Lösung vorstellen. In der Vergangenheit plädierte Frau Reker stets für die besonders aufwändige und teure unterirdische Lösung. Wir hoffen das so interpretieren zu dürfen, dass sie sich angesichts des öffentlichen Drucks für die viel schneller verfügbare und kostengünstigere oberirdische Lösung und der Ergebnisse der Kommunalwahl von früheren Festlegungen lösen möchte. Das begrüßen wir ausdrücklich.
Wir vermissen verkehrspolitischen Schwung und Konsequenzen aus dem Wahlergebnis
Die Petition hat den Ruf vieler Kölner*innen in den Kommunalwahlkampf 2020 und in die Politik getragen. Nun wollen die Unterzeichner*innen die im Stadtrat eindeutig gestärkten Kräfte, die für eine wirksame und na
chhaltige Verkehrswende eintreten, deutlich an ihre Forderungen erinnern und konsequentes Handeln von Politik und Verwaltung einfordern. Kurz: Wir vermissen die Konsequenzen aus dem Wahlergebnis, den frischen Schwung, die neue Orientierung. Mit Lippenbekenntnissen („Wir wollen doch alle die Verkehrswende“) lassen sich die Bürger*innen nicht mehr abspeisen.
- Die Prioritäten in der Kölner Verkehrs-, Planungs- und Klimapolitik müssen sich ändern. Viele Verbesserungen sind kurzfristig machbar und finanzierbar, sie sollen in dieser Ratsperiode erreicht werden, und viele gute Vorarbeiten schlummern in den Schubladen. Frau Helm benennt dazu beispielhaft einige potentielle Erfolgsprojekte. Die Aktionsgemeinschaft bezieht sich dabei auf den Themenkanon des „Aufruf Kölner Verkehrs-wende Jetzt!“, der schon vorgestellt wurde. Dort wird als Signalprojekt für die Kölner Verkehrswende die neue Konzeption für die OstWest-Promenade benannt, die die D-Gruppe erarbeitet hat und die Prof. Coersmeyer in ähnlicher Form wünscht, wobei er allerdings den UBahnbau als Voraussetzung sieht; eine Antwort der D-Gruppe darauf ist hier als Anlage beigefügt.
- Statt unfinanzierbarer langfristiger Großprojekte sollen zügig viele Schritte unternommen werden zur Verbesserung der Lebenssituation der Kölnerinnen und Kölner im Verkehr und in öffentlichen Räumen, die die Fachwelt fordert und die andere Vorbildstädte schon längst realisieren. Wir wollen“jetzt“, also in dieser Ratsperiode, für alle (und fürs Klima) schnelle Verbesserungen erleben; die Caecilienstraße und die Hahnenstraße samt dem eingebundenen Neumarkt sollen eine gestalterisch aufgewertete urbane Flaniermeile (OstWestPromenade, Konzept der D-Gruppe) werden, und zwar jetzt und nicht in 20-30 Jahren nach der Realisierung eines weiteren Großtunnelprojekts. Auch wir möchten Barbarossa- und Ebertplatz nutzerfreundlich und klimagerecht gestaltet erleben, aber bitte bald und nicht nach weiteren Tunnelprojekten!
- Das planerische Verwaltungshandeln muss integrativer organisiert und auf die Verkehrswende ausgerichtet werden. Wir brauchen stadtweite Entsiegelungsprogramme für bisherige durch den Kfz-Verkehr genutzte Flächen, überall innerorts Tempo 30, überall verbesserte Aufenthalts- und Wegeflächen für Fußgänger und Radfahrende, an vielen Stellen Verbesserungen der KVB-Infrastruktur, usw. Umwelt-, Grünflächen-, Straßenbau- und Stadtplanungsämter müssen diese Lösungen gemeinsam wollen und ausarbeiten. Viele in den Dienststellen und in den Parteien würden gerne daran mitarbeiten; die bisherige Blockade ist eine von oben nach unten wirkende, sie ist ideologisch und nicht fachlich begründet (schlankgesparte öffentliche Haushalte, autoorientierte Lebenshaltungen, Negierung von ernsthaften sozialen und klimatischen Krisen, Zuständigkeits- statt Problemlösungsdenken). Und: es gibt so viele gute Vorarbeiten für fortschrittliche Lösungen auch in Köln.
Jetzt mit der Verkehrswende beginnen! – Konkrete Handlungsmöglichkeiten der Stadt
Die Verwaltung sitzt auf einem Nibelungenschatz sehr tauglicher, wenn auch aktualisierungsbedürftiger Planungen. So harren z.B. die Neusser Straße und die Berrenrather Straße seit Jahren, ja Jahrzehnten ihrer Umgestaltung. Die würde in den Stadtteilzentren so vielen Menschen, meist zu Fuß und mit dem Rad unterwegs, das Leben erleichtern. Kreisverkehre werden beschlossen, aber ihrem Bau von der Verwaltung immer neue Hürden in den Weg gelegt.
Der städtebauliche Masterplan für die Innenstadt hat vor über 10 Jahren einen kräftigen Impuls gegeben. In acht Innenstadtforen wurden Projekte öffentlich diskutiert. Aber wer kennt heute noch die 2012 beschlossene Leitlinie Kölner Ringe? Von drei sehr angesehenen Büros gibt es brauchbare Vorstellungen zur Neugestaltung der Ringe, wobei die Gestaltung der die Plätze verbindenden Straßenteile, der Ebertplatz und der Barbarossaplatz mit Salierring Priorität bekamen. Schotterbette für die Bahn haben im innerstädtischen Bereich nichts verloren. Längst ist beschlossen, dass sie am Salierring oder in der Cäcilienstraße durch Rasen- oder Pflastergleise ersetzt werden sollen. Doch scheint es den Rat nicht zu stören, dass diese Beschlüsse schlicht nicht umgesetzt werden.
Am Barbarossaplatz ist ein Muster erkennbar. Statt beherzt die Gestaltung auf der Grundlage der städtebaulichen Vorüberlegungen anzugehen, werden Verkehrsgutachten, mit unhinterfragten Vorgaben (faktisch, dass der Autoverkehr nicht oder kaum reduziert werden soll) erstellt und als Krönung die Frage nach der U-Bahnlösungen gestellt. Damit ist das Ganze für ein weiteres Jahrzehnt blockiert.
Das Signalprojekt unserer Aktionsgemeinschaft ist die Verwandlung der Ost-West-Achse in eine Promenade.
Einen sympathischen Vorschlag hat Ulrich Coersmeier im Stadtanzeiger Mitte Mai vorgestellt. Er möchte, dass auf der Ost-West-Achse eine Promenade angelegt wird. Leider, so schreibt er, wird er diese wohl nicht mehr erleben, denn sein Vorschlag setzt voraus, dass dort in der Innenstadt eine U-Bahn gebaut wird. Nicht nur Coersmeier, 1941 geboren, wird die Realisierung einer Promenade für Fuß- und Rad auf der heutigen Stadtbahntrasse nicht mehr erleben. Das wird auch vielen um Jahre Jüngeren so gehen angesichts der erfahrungsgemäß erforderlichen rund 20 Jahre dauernden Planungs- und Bauzeit für die U-Bahnstrecke.
Für alle, die nicht so lange warten wollen, gibt es eine realistische Perspektive. Die D-Gruppe, eine Initiative von Stadtentwicklungsplanern aus verschiedenen Disziplinen, die meisten von ihnen waren einmal bei der Stadt Köln tätig, hat bereits vor zwei Jahren eine Promenade auf der Ost-West-Achse vorgeschlagen. Dieser Vorschlag geht davon aus, dass sich die Zusammensetzung des Verkehrs wandeln muss, soll die Innenstadt sich weiter vital und klimafreundlich entwickeln können. Ein wichtiger Beitrag dazu ist die drastische Reduzierung des Durchgangsverkehrs mit dem Auto. Da der Durchgangsverkehr der KFZ auf der Ost-West-Achse rund die Hälfte ausmacht, würden mit seiner Herausnahme rund die Hälfte der Fahrbahnflächen für andere Nutzungen zur Verfügung stehen. Man kann dann die Stadtbahn (auf einem Rasen- bzw. Pflastergleis erhalten) und – so der Vorschlag der D-Gruppe – die auf der Nordseite (zur Schildergasse bzw. Mittelstraße hin) gelegenen Fahrbahnflächen in eine Promenade fürs zu Fuß gehen und Fahrradfahren verwandeln.
Da die Stadtbahnstrecke auf der Ost-West-Achse ohnehin ertüchtigt und ihre Fahrgastkapazität erhöht werden muss, egal ob auf Dauer oder nur als Zwischenschritt für die Jahrzehnte bis zur Realisierung der U-Bahn, bietet sie kein Argument, um nicht jetzt den Stadtraum im Sinne der Klimafreundlichkeit und der Verkehrswende zu gestalten. Die Bündelung des Autoverkehrs auf der Südseite und die Promenade auf der Nordseite der Cäcilien- und Hahnstraße können sich gut mit einer autofreien Nordseite des Neumarkts verbinden. Im digitalen Archiv der Stadt Kölnischen Internetseite liegen Pläne des Hamburger Landschaftsarchitekturbüros WES, die schon als Entwurfsgrundlage dafür taugen. Die Stadt, Politik und Verwaltung, muss sie nur in die Hand nehmen und verwirklichen. Dann könnte es vielleicht sogar noch klappen, dass Ulrich Coersmeier diese nur etwas anders liegende Promenade nutzt.
Aktionsgemeinschaft Kölner Verkehrswende im Bundestagswahlkampf
Die Aktionsgemeinschaft wird sich im kommenden Bundestagswahlkampf mit der Bedeutung der Bundes-Verkehrspolitik für die Lösung unserer Stadtverkehrsprobleme befassen und dazu im August im Wandelwerk zwei Online- und Präsenz-Diskussionsrunden mit Bundestagskandidatinnen veranstalten. Dabei wird der Autobahnausbau um Köln herum an den vier bekannten Großbaustellen thematisiert, der die Verkehrsbelastung auch in der Stadt weiter steigern und die Konflikte mit den durchschnittenen Siedlungs- und Naturräumen verschärfen wird. Es wird auch zu diskutieren sein, wo die geltenden Bundesregeln zur Straßenverkehrsordnung und zur Verkehrswegefinanzierung durch den neuen Bundestag zu ändern sind, wenn die Verkehrswende und die Klimaziele in Deutschland erreicht werden sollen. Mit dabei sein werden Fachverbände und Bürgerinitiativen.
Wo steht Köln mit der Verkehrswende, ein Jahr nach der Kommunalwahl?
Wo steht Köln bei der Verkehrswende, ein Jahr nach der Kommunalwahl? Welche Pläne gibt es, um die Verkehrswende in den restlichen vier Jahren des Stadtrates entscheidend voran zu bringen? Wird Verkehrsgestaltung mit Klima- und Gesundheitspolitik zusammen gedacht? Plant Köln zeitgemäß, um einen sozial gerechten und umweltfreundlichen Wandel von Mobilität hervorzubringen? Vertreter*innen der Zivilgesellschaft hinterfragen im Gespräch mit Mitgliedern des Stadtrats den verkehrspolitischen Kurs des Mehrheitsbündnisses im Rathaus. Die Veranstaltung findet am 20.10. im Forum der VHS (vorbehaltlich Corona) in Kooperation mit der Volkshochschule statt. Moderation: Frank Deja